Exoskelette sind externe Vorrichtungen, mit denen menschliche Bewegung erweitert werden soll. Medizinische Exoskelette sind mit Strom angetriebene Orthesen, die über gelähmten oder schwachen Gliedmaßen getragen werden, insbesondere den unteren Gliedmaßen. Medizinische Exoskelette sind sperrig, teuer und bewegen sich langsam.
In ihrer derzeitigen Ausführung sind sie keine vergleichbare Alternative zu manuellen oder elektrischen Rollstühlen, die billiger, schneller und sicherer sind und den Benutzer*innen mehr Autonomie bieten.
Medizinische Exoskelette sind außerdem nur für eine sehr kleine Zahl der Rollstuhlnutzer*innen geeignet und bieten keine nennenswerte Lösung für die verbreitete
physische Unzugänglichkeit gebauter Umwelt.
Exoskelett-Nutzer*innen beantworten diese Themen damit, dass sie Stehen und Aufrechtsein als Lösung betrachten. Einer sagt: „Im Rollstuhl schwebt man irgendwie über dem Boden und kann sich nicht richtig Kontakt mit Leuten aufnehmen. Wenn ich in der Lage bin, meine Füße auf den Boden zu stellen und Schritte zu machen, fühle ich mit der Menschheit viel verbundener.“

Exoskelette waren zunächst Militärtechnologie, doch derzeit liegt ein größeres finanzielles und technologisches Potenzial darin, sie in Industrie und Produktion einzusetzen.
Exoskelette, die Körpernutzung im Sinne von Profit oder Krieg erweitern, sollten uns zu denken geben. Doch dieselbe Technologie wird gefeiert, wenn sie als „Heilmittel“ präsentiert wird, das Menschen „befreien“ soll, die an den Rollstuhl „gefesselt“ sind.
Die meisten Exoskelett-Hersteller produzieren die Technologie für alle diese drei Bereiche, die medizinische Nutzung ist jedoch die sichtbarste, über die am meisten in den Medien berichtet wird. In Werbevideos von Exoskelett-Herstellern oder in Berichterstattung über Exoskelette besteht das Zielpublikum sehr selten aus Rollstuhlfahrer*innen. Aus gutem Grund, denn Behinderte, insbesondere Rollstuhlfahrer*innen, sind oftmals arm und können sich schon kaum bezuschusste Rollstühle leisten, ganz zu schweigen von extravaganter Technologie, die im Wesentlichen als Trainingsgerät dient.
Doch Rollstuhlfahrer*innen kommt in diesen Videos eine zentrale Funktion zu: Sie geben den
Unternehmen den Anstrich von Wohltätigkeit, Selbstlosigkeit und Mildtätigkeit.
Fast alle Videos über medizinische Exoskelette fangen damit an, dass der*die Nutzer*in die
traumatischen Umstände seiner*ihrer Lähmung erzählen – den Unfall, die Explosion, den Sturz (doch nie den Schuss aus einer Waffe, der für einen von sieben Fällen pro Jahr verantwortlich ist und dessen Anteil stetig steigt). Sie folgen dem bekannten Muster der Feel-Good-Inspiration-Porn und machen deutlich, wen wir als ungerecht behindert ansehen dürfen – die vormals Nichtbehinderten, die versuchen, in die Welt der Normalität und des Aufrechtseins „zurückzukehren“.

Bleib in deinem Rollstuhl sitzen oder setze oder lege dich bequem auf einen Stuhl, eine Bewegungshilfe, eine Bank, einen Boden, ein Bett oder ein Sofa. Finde jemanden, der oder die sich zu dir setzt. Nehmt Kontakt miteinander auf.